Simone Veil

Simone Veil, geboren 1927, wird 1970 die erste Generalsekretärin des französischen Conseil supérieur de la magistrature und 1979 die erste Präsidentin des Europäischen Parlaments.

Hintergrund

Europa ist zur Zeit von Simone Veils Jugend ein gefährlicher Ort. Geboren in eine jüdische Familie wird Simone Veil ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert. Sie überlebt knapp zwei Konzentrationslager und einen Todesmarsch – und setzt sich fortan für Freiheit, Demokratie und die europäische Gemeinschaft ein.

Nach der Befreiung studiert Veil Jura an der Pariser Sorbonne Université und der renommierte Eliteschule Institut d'études politiques de Paris. Sie heiratet, wird Mutter von drei Kindern und pausiert ihr eigenes Studium, um ihrem Mann während seiner Ausbildung an der École nationale d'administration (ENA) den Rücken freizuhalten. 1954 besteht sie das richterliche Staatsexamen und tritt in den höheren Staatsdienst ein. Als Beamtin in der Strafvollzugsverwaltung des französischen Justizministeriums setzt sie sich ab 1957 für Reformen im Strafvollzug und bessere Haftbedingungen ein. In der nachfolgenden Stelle, als Direktorin für zivile Angelegenheiten, engagiert sie sich für die Rechte von Frauen und setzt beispielsweise das Adoptionsrecht für Frauen durch. 1970 verlässt Veil das Ministerium und wird für vier Jahre zur ersten Generalsekretärin des Conseil supérieur de la magistrature, der Aufsichtsbehörde der französischen Justiz, gewählt.

Danach widmet sich Veil der Politik. Sie wird Gesundheitsministerin unter Jacques Chirac und Raymond Barres, Mitglied des Europäischen Parlaments und von 1979 bis 1982 dessen erste Präsidentin. Während 20 Jahren prägt sie auf diese Weise sowohl Frankreich wie auch die Europäische Union. Bekannt wird Veil insbesondere mit der höchst umstrittenen Legalisierung der Abtreibung. Trotz heftiger Attacken und Widerständen aus Bevölkerung und Parlament wird das "Loi Veil" 1974 angenommen – ein Meilenstein der französischen Frauenrechtsbewegung.

1998 verlässt Veil die Politik wieder zugunsten der Justiz. Sie wird Mitglied des Conseil constitutionnel, des französischen Verfassungsgerichts. Neben Noëlle Lenoir ist Veil die zweite Frau in der Geschichte des Rates und gehört ihm für knapp zehn Jahre an. Sie widmet sich insbesondere Fragen des Vorrangs von Europarecht vor französischem Recht und setzt sich ein für den europäischen Zusammenhalt. Bereits zu Lebzeiten werden ihre aussergewöhnlichen Leistungen mit zahlreichen Ehrungen und Titeln gewürdigt. Heute zählt Veil als eine zentrale Figur der französischen Justiz, Politik und Frauenbewegung.

(Quellen: Wikipedia, Munzinger, Lafon 1996; Bildquelle: Wikipedia)

Lebensstationen

  • 1927 geboren als Simone Annie Jacob in Nizza
  • 1944-1945 Haft und Zwangsarbeit KZ Auschwitz-Birkenau und KZ Bergen-Belsen
  • 1945-1954 Jurastudium an der Université Sorbonne und Ausbildung am Institut d'études poliques in Paris
  • 1954 Richterliches Staatsexamen
  • 1957-1964 Beamtin in der Strafvollzugsverwaltung des Justizministeriums
  • 1964-1970 Beamtin in der Abteilung für Zivilsachen des Justizministeriums
  • 1970-1974 Generalsekretärin des Conseil supérieur de la magistrature
  • 1974-1979 Ministerin für Gesundheit, soziale Sicherheit und Familie
  • 1979-1993 Mitglied des Europäischen Parlaments
  • 1979-1982 Präsidentin des Europäischen Parlaments
  • 1993-1995 Ministerin für Soziales, Gesundheit und Stadtpolitik
  • 1998-2007 Mitglied des Conseil constitutionnel
  • 2017 Tod

Weiterführende Informationen

  • Lafon, Jacqueline Lucienne: "Simone Veil-Jacob (1927- )", in: Rebecca Mae Salokar und Mary L. Volcansek (Hrsg.): Women in Law: A Bio-Biographical Sourcebook, Westport 1996, S. 329-337.
  • Veil, Simone: Une vie [Autobiografie], Versailles 2008.
  • Debré, Jean-Louis/Bochenek, Valérie: Ces femmes, qui ont réveillé la France, Paris 2013.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.