Myrthes Gomes de Campos

Myrthes Gomes de Campos, geboren 1875, wird 1906 die erste Rechtsanwältin Brasiliens.

Hintergrund

Myrthes Gomes de Campos lehnt sich bereits als Jugendliche ein erstes Mal gegen die Normen ihrer Zeit auf: Die junge Frau will Rechtsanwältin werden und nicht etwa, wie damals für Frauen vorgesehen, Mutter und Hausfrau. Gegen den Willen ihrer Familie (aber wohl mit deren finanzieller Unterstützung) zieht sie in die brasilianische Hauptstadt, um Jura zu studieren. Der erfolgreiche Abschluss ist der Anfang eines jahrelangen Kampfes um Gleichstellung.

Die nächsten Hürden auf dem Weg Gomes de Campos zu ihrem Traumberuf bestehen in der Anerkennung ihres Juradiploms beim Tribunal da Relaçao do Rio de Janeiro und beim Corte de Apelaçao do Distrito Federal. Beide Anträge werden von den zuständigen Behörden bekämpft, doch mit der Unterstützung befreundeter Rechtsanwälte erhält Gomes de Campos schliesslich ihren Eintrag. Um tatsächlich praktizieren zu können, muss die Juristin aber auch im Ordem dos Avogados Brasileiros, in der brasilianischen Anwaltskammer, aufgenommen werden. Diese wehrt sich hartnäckig, obwohl die staatliche Comissao de Justiça, Legislaçao e Jurisprudência 1899 mit Blick auf den Fall Gomes de Campos explizit festhält, dass die freie Berufswahl verfassungsrechtlich auch Frauen zukommt. Gomes de Campos erhält in der Folge eine Zulassung, die aber erst sieben Jahre und zahlreiche Einsprachen sowie Verhandlungen später rechtskräftig wird: 1906 erreicht sie endlich ihr Ziel und wird damit zur ersten brasilianischen Rechtsanwältin.

Gomes de Campos Einsatz für die juristischen Gleichstellung von Frauen ist damit aber noch lange nicht vorbei. In den kommenden Jahren legt sie sich neben ihrer Arbeit als Rechtsanwältin und Staatsangestellte mit zahlreichen sexistischen und frauenfeindlichen Gesetzen, Normen und sozialen Konventionen an. Sie plädiert beispielsweise öffentlich für das Recht auf Scheidung sowie das Frauenstimmrecht und schreibt radikale feministische Kolumnen, die oft zensiert werden. Weiter verfasst sie mehrere rechtswissenschaftliche Werke, in denen sie beispielsweise das Recht auf Abtreibung oder die soziale und rechtliche Stellung von Frauen (insbesondere in der Rechtswissenschaft) thematisiert. Auch dank dieses Engagements erhalten Brasilianerinnen 1932 das Stimm- und Wahlrecht. Gomes de Campos tritt 1944 ihren beruflichen und aktivistischen Ruhestand an – mit dem Wissen, die juristische und rechtliche Gleichstellung von Frauen in Brasilien entscheidend vorangebracht zu haben.

(Quellen: Wikipedia, Guimaraes 2009; Bildquelle: Wikipedia)

Lebensstationen

  • 1875 geboren in Macaé (Brasilien)
  • 1898 Abschluss des Jurastudiums an der Faculdade Livre de Ciências Jurídicas e Sociais do Rio de Janeiro
  • 1899-1924 Rechtsanwältin
  • 1906 Zulassung zum Ordem dos Avogados Brasileiros
  • 1915 Publikation Direito ao aborto
  • 1924-1944 juristische Mitarbeiterin am Tribunal de Apelação do Distrito Federal
  • 1929 Publikation Voto Feminino e a jurisprudência
  • 1937 Publikation Os advogados brasileiros e a advocacia feminina
  • 1965 Tod

Weiterführende Informationen

  • Guimarães, Lucia Maria Paschoal: "Myrthes Gomes de Campos (1875-?): pioneirismo na luta pelo exercício da advocacia e defesa da emancipação feminina", in: Niterói 2009, 9, 2, S. 135-151.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.