Yoshiko Mibuchi

Yoshiko Mibuchi, geboren 1914, wird 1940 eine der ersten Anwältinnen Japans und 1949 eine der ersten japanischen Richterinnen.

Hintergrund

Wer in Japan als Rechtsanwalt praktizieren will, muss männlich, japanischer Staatsbürger und mindestens 20 Jahre alt sein. So sieht es das japanische Anwaltsgesetz von 1893 vor, das die Zulassung zum Anwaltsberuf regelt. Frauen sind per Gesetz vom Anwaltsberuf ausgeschlossen.

Es ist Yoshiko Mibuchis Vater, der sie motiviert, eine unabhängige berufstätige Frau zu werden. So entschliesst sie sich dazu, ein Jurastudium aufzunehmen. In einer Zeit, in der Frauen praktisch von jedweder höheren Bildung ausgeschlossen sind, studiert Mibuchi an der einzigen Bildungseinrichtung, die Frauen zulässt: dem Women's College der Meiji Universität. Nur zwei Jahre nachdem Frauen zum Anwaltsexamen zugelassen werden, tritt Mibuchi zur Prüfung an und besteht erfolgreich. Zusammen mit zwei weiteren Japanerinnen, Aiko Kume und Masako Nakata, ist sie 1938 die erste Frau des Landes, die das Anwaltsexamen besteht. Nach einem anderthalbjährigen Anwaltspraktikum werden die drei Frauen 1940 die ersten Anwältinnen Japans und durchbrechen damit die langwährende Tradition des männlichen Juristen. Das Land horcht auf und die Erwartungen an die Pionierinnen sind hoch. Sie werden diesen gerecht und arbeiten mit viel Fleiss und Hingabe an ihren Karrieren. So gelingt Mibuchi ein zweiter Durchbruch, als sie 1949 zu einer der ersten Richterinnen Japans ernannt wird. Nach vielen Jahren Berufserfahrung als Richterin erhält sie zudem 1972 als erste Frau den Vorsitz am Familiengericht von Niigata.

Ihr Privatleben wird in den Kriegsjahren erschüttert, als ihr Ehemann zum Militärdienst eingezogen wird und Mibuchi mit ihrem einjährigen Sohn allein zurückbleibt. Nach einem Luftangriff, bei dem ihr Haus niederbrennt, flieht sie mit ihrem Sohn nach Fukushima. Untergekommen in einem baufälligen Bauernhaus mit kaum genug Essen überleben Mutter und Sohn die letzten Kriegsmonate. Doch ihr Mann überlebt seine Rückkehr nicht und stirbt 1946 in Nagasaki. Trotz der tragischen Ereignisse, die das Leben von Yoshiko Mibuchi überschatten, leistet sie wegweisende Pionierarbeit und geht in vielerlei Hinsicht als "Erste Frau" in die japanische Geschichte ein.

(Quellen: Hayashi 1992, Wikipedia, Meiji University; Bildquelle: Wikipedia)

Lebensstationen

  • 1914 geboren als Yoshiko Mutoh in Singapur
  • 1932-1938 Jurastudium am Women's College der Meiji Universität
  • 1938 Anwaltsexamen
  • 1938-1940 Anwaltspraktikum
  • 1940 Ernennung zur Anwältin
  • 1944 Assistenzprofessorin an der Meiji Universität
  • 1949 Berufung zur Richterin
  • 1952 Richterin am Bezirksgericht in Nagoya
  • 1972 Vorsitzende Richterin (chief judge) am Familiengericht in Niigata
  • 1984 Tod

Weiterführende Informationen

  • Hayashi, Yoko: "Women in the Legal Profession in Japan", in: U.S.-Japan Women's Journal, English Supplement 1992, 2, S. 16-27.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.