Cornelia Sorabji

Cornelia Sorabji, geboren 1866, legt 1892 als erste Frau die Juraprüfungen an der University of Oxford ab, tritt 1896 als erste Frau im gesamten British Empire vor einem britischen Gericht auf und wird 1899 die erste Rechtsberaterin Indiens.

Hintergrund

Bereits als Kind sieht Cornelia Sorabji die Ungerechtigkeit, die Frauen und Armutsbetroffenen in Indien widerfährt. Insbesondere die Purdahnashins – Frauen, die von der Gesellschaft abgeschirmt sind – haben aufgrund der vorherrschenden sozialen Konventionen kaum Zugang zum Rechtssystem. Sorabji hingegen wächst als Tochter eines christlichen Missionars und einer von einem britischen Paar adoptierten Mutter wohlbehütet und privilegiert auf. Sie besucht als erste Frau das Deccan College und schliesst 1887 als erste westindische Frau das Studium ab. An der Universität erfährt sie selbst die Folgen der Ungleichheit der Geschlechter: Dank ihres ausgezeichneten Abschlusses stünde ihr ein Stipendium an einer britischen Universität zu – doch als Frau bleibt ihr dieses Recht verwehrt. Sorabji beschliesst, sich zu wehren.

Dank der Hilfe englischer Freund*innen der Familie kann sie ab 1889 an der Oxford University studieren und wird 1892 als erste Frau überhaupt zu den zivilrechtlichen Abschlussprüfungen zugelassen. Sie besteht, aber sowohl der offizielle Abschluss wie auch ein Masterstudium bleiben ihr verwehrt. 1894 kehrt Sorabji nach Indien zurück und beginnt als inoffizielle Rechtsberaterin für Purdahnashins und andere Frauen zu arbeiten. Dabei ist sie jeweils auf Sondergenehmigungen angewiesen. Selbst ihr Auftritt vor einem britischen Gericht – als erste Frau im gesamten British Empire –, ihre erfolgreich abgelegten LL.B.-Examen an der Bombay University sowie die bestandenen Zulassungsprüfungen am obersten Gericht von Allahabad ändern nichts an ihrer offiziellen Stellung im indischen Rechtssystem. Immerhin kann sie in der kolonialen Bürokratie als Rechtsberaterin am Court of Wards ihr juristisches Wissen offiziell einbringen. Daneben engagiert sie sich karitativ und sozial, insbesondere für Frauen und Kinder.

Nach dem britischen Sex Disqualification (Removal) Act von 1919 und dem indischen Legal Practitioners (Women) Act von 1923 wird Sorabji – inzwischen über 50 Jahre alt – offiziell zur Rechtsanwältin und beginnt, in Kalkutta zu praktizieren. In den folgenden Jahren werden ihre politischen Ansichten zunehmend antinationalistischer. Sie lehnt die indische Forderung nach Selbstverwaltung ab und wird zur Unterstützerin der britischen Kolonialherrschaft. 1938 emigriert sie aufgrund dieser Spannungen nach London. Hier bleibt sie bis zu ihrem Lebensende und publiziert verschiedene Biografien und Anthologien.

(Quellen: Sorabji 2001, Oxford DNB, Gooptu 2006, Mossman 2020; Bildquelle: Wikipedia)

Lebensstationen

  • 1866 geboren in Nashik (Indien)
  • 1887 B.A. English Literature des Deccan College
  • 1888 Englischlehrerin am Gujarat College in Ahmadabad
  • 1892 BCL-Examen an der University of Oxford (ohne Diplom)
  • 1892-1894 Rechtsanwaltspraktikum in London
  • 1894-1901 Rechtsberaterin für Frauen
  • 1896 Auftritt vor einem britischen Richter
  • 1897 LL.B. an der University of Bombay
  • 1899 Zulassungsprüfung als Rechtsanwältin (Vakil) (ohne Einschreibung ins Register)
  • 1901-1904 Aufenthalt in England
  • 1904-1919 Lady Assistant to the Court of Wards für Bengal, Bihar, Orissa und Assam
  • 1921 Zulassung als Rechtsanwältin (Vakil) in Indien
  • 1922 BCL der University of Oxford
  • 1923 Zulassung zur britischen Anwaltskammer Lincoln's Inn
  • 1924-1929 Rechtsanwältin in Kalkutta
  • 1938 Emigration nach Grossbritannien
  • 1954 Tod

Weiterführende Informationen

  • Sorabji, Cornelia: India Calling: The Memories of Cornelia Sorabji, India's First Women Barrister, New Dehli 2001.
  • Gooptu, Suparna: Cornelia Sorabji: India's Pioneer Women Lawyer, New Dehli/Oxford 2006.
  • Mossman, Mary Jane: "Cornelia Sorabji (1866-1954): A Pioneer Women Lawyer in Britain and India", in: Women's History Review 2020, 29, 4, S. 737-747.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.