Helen Kinnear

Helen Kinnear, geboren 1894, wird 1934 die erste Kronanwältin des Britischen Commonwealth, 1935 die erste Rechtsanwältin, die vor dem kanadischen Supreme Court auftritt und 1943 die erste von der kanadischen Regierung ernannte Richterin.

Hintergrund

Als Helen Kinnear 1920 ihren rechtswissenschaftlichen Abschluss und ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erhält, ist sie die erste Rechtsanwältin auf der Niagara-Halbinsel. Anders als andere Rechtspionierinnen findet sie aber bald eine Anstellung: Ihr Vater, auch Rechtsanwalt, macht sie gleichentags zur Partnerin seiner Kanzlei. Nach dessen Tod übernimmt sie die Firma und macht sich selbständig. In den darauffolgenden Jahren spezialisiert sich Kinnear zunächst auf die Verteidigung von Jugendlichen und Unzurechnungsfähigen und bildet sich entsprechend weiter. Als besonders erfahrende Anwältin wird sie 1934 als erste Frau Kanadas und des gesamten britischen Commonwealth zur Kronanwältin ernannt. Ein Jahr später tritt sie als erste Rechtsanwältin vor dem Obersten Gerichtshof auf. Ausserdem wird sie politisch aktiv. Als überzeugte Demokratin setzt sie sich sowohl innerhalb ihrer Partei, der Liberal Party, als auch gesamtgesellschaftlich für die Gleichstellung von Frauen ein. Sie gibt Vorträge, organisiert Kampagnen und kandidiert (erfolglos) für einen Sitz im kanadischen Parlament.

1943 wechselt Kinnear von der Rechtsanwaltschaft ans Gericht. Sie wird als erste Frau von der kanadischen Regierung zur Bezirksrichterin ernannt. Vier Jahre später folgt ergänzend die Wahl zur Jugendrichterin in Ontario. Ihr breites Fachwissen bringt sie aber nicht nur vor Gericht, sondern auch in staatlichen Kommissionen und privaten Vereinigungen ein. 1952 gründet sie die Juvenile and Family Court Judges Association of Ontario, zwei Jahre später folgt die Wahl in die Royal Commission for the Criminal Law Relating to Sexual Psychopaths und die Royal Commission Relating to the Defense of Insanity. 1961 tritt sie vom Richteramt zurück. Bereits 1965 werden Kinnears Verdienste mit der Ehrenmedaille der John Howard Society of Ontario geehrt. Sie erhält sie als erste Frau Kanadas.

(Quellen: Corbett/Corbett 1996, Osgoode Hall Law School; Bildquelle: Archives of the Law Society of Ontario)

Lebensstationen

  • 1894 geboren in Cayuga (Kanada)
  • 1917 B.A. Englisch und Geschichte der University of Toronto
  • 1920 rechtswissenschaftlicher Abschluss der Osgoode Hall Law School der York University
  • 1920 Rechtsanwaltspatent
  • 1920-1924 Rechtsanwältin in der Kanzlei des Vaters
  • 1924-1943 Selbständige Rechtsanwältin
  • 1934 Ernennung zur Kronanwältin
  • 1935 Auftritt vor dem kanadischen Supreme Court
  • 1943-1961 Bezirksrichterin (county-court judge) in Haldimand County
  • 1947-1961 Jugendrichterin in Ontario
  • 1952 Mitgründerin und Präsidentin der Juvenile and Family Court Judges Association of Ontario (bis 1954)
  • 1954-1958 Mitglied der Royal Commission for the Criminal Law Relating to Sexual Psychopaths und der Royal Commission Relating to the Defense of Insanity
  • 1965 Ehrenmedaille der John Howard Society of Ontario
  • 1970 Tod

Weiterführende Informationen

  • Corbett, Marie/Corbett, Doris: "Helen Kinnear (1894-1970)", in: Rebecca Mae Salokar und Mary L. Volcansek (Hrsg.): Women in Law: A Bio-bibliographical Sourcebook, Westport/London 1996, S. 129-135.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.