Margarete Haimberger-Tanzer

Margarete Haimberger-Tanzer, geboren 1916, wird 1950 die erste Strafrichterin Österreichs.

Hintergrund

Als Juristin jüdischer Abstammung muss Margarete Haimberger-Tanzer nicht nur gegen die alteingesessenen Männer in den Rechtswissenschaften ankämpfen, sondern auch die Beschlüsse der Nationalsozialisten über sich ergehen lassen. Ihr Studium muss sie nach vier Jahren abbrechen; das Reichserziehungsministerium schliesst sie von der Universität aus. Erst nach dem Krieg wird sie promoviert und tritt in den juristischen Vorbereitungsdienst ein. Hier trifft sie an jeder neuen Stelle auf die gleichen alten Vorurteile: Frauen könnten keinen Talar tragen, Frauen könnten sich nicht durchsetzen, Frauen könnten keine Verhandlungen leiten. Haimberger-Tanzer fordert jedoch konsequent ihr Recht auf Gleichstellung ein und lässt sich weder in unbeliebte Abteilungen abschieben noch aus öffentlichen Verhandlungen ausschliessen. Ihre Beharrlichkeit zahlt sich aus. Nur vier Jahre nach der Promotion wird sie Strafrichterin -- als erste Frau in ganz Österreich. Bedenkt man, dass damals das Strafrecht (etwa im Gegensatz zum Familienrecht) als traditionell männlich gilt, erhält Haimberger-Tanzers Leistung eine besondere Bedeutung.

Bis zum Ruhestand bleibt sie dem Strafrecht treu: zuerst als Richterin am Landesgericht für Strafsachen und am Jugendgerichtshof Wien, dann als Staatsanwältin, Gruppenleiterin und leitende Staatsanwältin bei der Staatsanwaltschaft Wien. 1976 kehrt sie zurück ans Landesgericht für Strafsachen und wird dessen Vizepräsidentin.

Neben ihrer juristischen Arbeit setzt sich Haimberger-Tanzer für die Rechte von Frauen ein, etwa für die gesetzlich verankerte Fristenlösung. Sie leistet damit sowohl als Pionierin im Berufsleben, wie auch mit der Verbesserung der Stellung von Frauen im Recht einen wichtigen Beitrag für die Juristinnen in Österreich.

(Quellen: Wikipedia, Korotin/Stupnicki 2018, Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus Universität Wien)

Lebensstationen

  • 1916 geboren als Margarete Charlotte Eisenstädter in Wien
  • 1936-1940 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien
  • 1940 Ausschluss vom weiteren Studium
  • 1946 Promotion
  • 1948 Untersuchungsrichterin
  • 1950-1952 Strafrichterin am Bezirksgericht Bad Ischl
  • 1951-1961 Untersuchungsrichterin am Landesgericht für Strafsachen Wien
  • 1956-1961 Senatsvorsitzende am Landesgericht für Strafsachen Wien
  • 1961-1963 Vorsitzende Richterin am Jugendgerichtshof Wien
  • 1963-1976 Staatsanwältin und Gruppenleiterin bei der Staatsanwaltschaft Wien
  • 1976-1980 Vizepräsidentin des Landesgerichts für Strafsachen Wien
  • 1987 Tod

Weiterführende Informationen

  • Schneider, Gabriele: "Richterinnen in Österreich", in: juridikum 2013, 4, S. 496-505.
  • Korotin, Ilse/Stupnicki, Nastasja (Hrsg.): Biografien bedeutender oesterreichischer Wissenschaftlerinnen, Wien 2018.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.