Sueli Pereira Pini

Sueli Pereira Pini, geboren 1960, gründet 1996 das Vorzeigeprojekt "Justiça Itinerante" sowie wird 2012 die erste Richterin und 2015 die erste Vorsitzende des Tribunal de Justiça do Amapá.

Hintergrund

1991 wird die damalige Staatsanwältin Sueli Pini zur Richterin in Macapá, der Hauptstadt des brasilianischen Bundesstaats Amapá, ernannt. Angesichts der vielen abgelegenen Dörfer Amapás beschäftigt sie sich mit der Frage, wie das Recht in dieser Region umgesetzt werden kann. Alle Einwohner*innen Brasiliens, so Pinis Vision, sollen Zugang zu rechtlichen und staatlichen Dienstleistungen haben – auch in Amapá. Zu diesem Zweck gründet sie 1996 das Projekt "Justiça Itinerante" ("Wanderjustiz"). 1997 fährt sie zusammen mit Sozialarbeiter*innen, Polizist*innen und Sachbearbeiter*innen ein erstes Mal mit einem Dampfschiff entlegene Dörfer im Amazonas an, die ausschliesslich auf dem Flussweg erreichbar sind. Angekommen in einem Dorf, werden auf dem mobilen Gerichtsschiff zahlreiche zivil- und strafrechtliche Fälle verhandelt. In den darauffolgenden Jahren wird das Gerichtsschiff zu einer festen Institution in Amapá und stösst auf eine grosse Nachfrage seitens der Bevölkerung. Oft geht es bei den Fällen um familienrechtliche Angelegenheiten, etwa Sorgerechtsstreitigkeiten, oder um sexuelle Übergriffe. Gerade für Frauen ist Pinis Projekt eine wertvolle Hilfe, um ihre Rechte in den patriarchal geprägten Dorfgemeinschaften durchzusetzen. Heute ist das Schiff viermal im Jahr für jeweils eine Woche unterwegs und dient in ganz Brasilien als Vorzeigeprojekt für ähnliche Initiativen.

Das Gerichtsschiff ist aber nur ein Teil des von Pini initiierten Programms. Im Rahmen der "Wanderjustiz" besuchen Pini und ihr Team auch von Armut betroffene Stadtviertel Macapás und leisten an Schulen rechtliche Aufklärungsarbeit. Daneben macht sich Pini auch als Pionierin der Justiz einen Namen. 2012 wird sie die erste Richterin am Tribunal de Justiça do Amapá, am Landgericht des Bundesstaates. 2015 folgt die Ernennung zur Gerichtspräsidentin. 2005 nominiert PeaceWomen Across the Globe Pini zusammen mit 999 anderen Frauen kollektiv für den Friedensnobelpreis. Ihr engagierter Einsatz für den Zugang zum Recht von Frauen und marginalisierten Einwohner*innen Brasiliens wird damit offiziell gewürdigt.

(Quellen: Birkenstock 2010, Pini 2012, Zimmer 2018, Federl 2022)

Lebensstationen

  • 1960 geboren in Londrina (Brasilien)
  • Jurastudium an der Universidade Estadual de Londrina
  • Staatsanwältin in Rondônia
  • 1991-2012 Ernennung zur Richterin in Macapá
  • 2005 Nomination für den Friedensnobelpreis
  • 2012-2021 Richterin am Landgericht Tribunal de Justiça do Amapá
  • 2015-2017 Präsidentin des Landgerichts Tribunal de Justiça do Amapá

Weiterführende Informationen

  • Dokumentarfilm The Justice Boat von Arne Birkenstock, 2010.
  • Pini, Sueli: "Justiça Itinerante. Uma Experiência De Justiça Sem Fronteiras Em Região Remota Do País", in: Direito em Movimento 2012, 15, S. 19-22.
  • Zimmer, Markus: "Implementing The Rule Of Law In Brazil's Amazon Frontier", in: International Journal for Court Administration 2018, 9, 2.
  • Sendung Schwimmende Justiz: Rechtsprechung am Amazonas (Deutschlandfunk) von Fabian Federl, 2022.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.