Inkeri Anttila

Sylvi Inkeri Anttila, geboren 1916, doktoriert 1946 als erste Juristin in Finnland, wird 1961 die erste finnische Juraprofessorin und 1975 die erste finnische Justizministerin.

Hintergrund

Inkeri Anttila schliesst 1937 – mit 21 Jahren – das Jurastudium ab. Nach bestandenem Rechtsanwaltsexamen entscheidet sie sich 1942 für ein Doktorat. Anttila ist zu diesem Zeitpunkt verheiratet, Mutter und wohnt in einer ländlichen Gegend; das Schreiben einer Doktorarbeit ist eine der wenigen beruflichen Optionen, die der Juristin in dieser Situation offenstehen. Mit der abgeschlossenen Promotion wird Anttila zur Pionierin. Einerseits ist sie die erste Juristin, die in Finnland promoviert wird. Andererseits publiziert sie in der damals erst jungen Disziplin der Kriminologie. 1948 folgt die kriminologische Habilitation. Neben ihrer Arbeit als Schulungsleiterin für Gefängnispersonal und Dozentin an einer sozialwissenschaftlichen Hochschule absolviert sie ergänzend einen Master in Sozialwissenschaften. 1961 folgt der Ruf an die Universität Helsinki; Anttila wird die erste ordentliche Juraprofessorin Skandinaviens. Zwei Jahre später wird sie Direktorin des neugegründeten Instituts für Kriminologie. Sie betreut nicht nur zahlreiche Dissertationen von Nachwuchswissenschaftlerinnen, sondern betreibt europaweit als eine der Ersten viktimologische Forschung. 1982 übernimmt sie die Leitung des Europäischen Instituts für Kriminalpolitik und trägt hier zur internationalen Vernetzung der kriminologischen Forschung bei.

Anttilas Wirken geht aber weit über die akademische Rechtswissenschaft hinaus. Ab den 1960ern gestaltet sie die finnische (und skandinavische) Kriminalpolitik wesentlich mit: Sie leitet diverse staatliche Kommissionen und internationale Komitees zu strafrechtlichen Fragen, insbesondere zur Jugendkriminalität und zum Umgang mit Straftäter*innen. 1975 wird sie die erste finnische Justizministerin und bringt Reformen im Strafvollzug zur Diskussion. Von 1980 bis 1997 leitet sie zudem stellvertretend die Gesamtreform des finnischen Strafgesetzbuches. Parallel dazu ist sie in diversen kriminologischen Vereinigungen in leitenden Positionen aktiv.

Anttila gilt heute als zentrale Pionierin der finnischen Rechtswissenschaft, die sowohl die Kriminologie wie auch das finnische Strafrechtssystem entscheidend geprägt hat.

(Quelle: Silius 2021, Biografiskt lexikon för Finland; Bildquelle: Wikipedia)

Lebensstationen

  • 1916 geboren als Sylvi Inkeri Metsämiesin in Viipuri (damals Finnland)
  • 1937 LL.M. der Universität Helsinki
  • 1942 Anwaltsprüfung
  • 1946 Promotion an der Universität Helsinki
  • 1948 Habilitation an der Universität Helsinki
  • 1950er Direktorin eines Schulungsprogrammes für Gefängnispersonal
  • 1954 M.A. in Sozialwissenschaften
  • 1961 Ernennung zur Professorin für Strafrecht an der Universität Helsinki
  • 1963 Wahl zur Direktorin des Instituts für Kriminologie im finnischen Justizministerium
  • 1968-1973 Vorsitzende des Scandinavian Research Council of Criminology
  • 1975 finnische Justizministerin
  • 1975 Präsidentin des UN Congress on the Prevention of Crime and the Treatment of Offenders
  • 1982-1986 Leiterin des Europäischen Instituts für Kriminalpolitik HEUNI
  • 2013 Tod

Weiterführende Informationen

  • Lahti, Raimo: "Inkeri Anttila (1916-2013) in Memoriam", in: International Annals of Criminology 2013, 51, S. 175-178.
  • Silius, Harriet: "Inkeri Anttila, the First Woman Law Professor in Finland (1916-2013)", in: Ulrike Schutz et al. (Hrsg.): Gender and Careers in the Legal Academy, Oxford 2021, S. 295-308.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.