Charlotte Béquignon-Lagarde

Charlotte Béquignon-Lagarde, geboren 1900, erhält 1931 als erste Französin die agrégation de droit (Lehrbefugnis in der Rechtswissenschaft) und wird 1946 die erste Richterin Frankreichs.

Hintergrund

Aufgewachsen in einem universitären Umfeld beschliesst Charlotte Béquignon-Lagarde nach dem Jurastudium, eine akademische Karriere zu verfolgen. Dass sie damit ihrer Zeit voraus ist, wird beim Versuch ersichtlich, die agrégation de droit, die Habilitation und Lehrberechtigung der Rechtswissenschaft, zu erlangen. Als erwachsene Frau und promovierte Juristin braucht sie eine Genehmigung ihres Ehemannes, um überhaupt an den Prüfungen teilnehmen zu können. Die Professoren in der Jury stehen der Idee, dass Frauen an juristischen Fakultäten lehren, darüber hinaus widerwillig gegenüber. Es braucht drei Anläufe, bis Béquignon-Lagarde 1931 endlich, als erste Frau in Frankreich, die agrégation de droit für Privatrecht erhält. Fortan unterrichtet Béquignon-Lagarde an der Université de Rennes -- unter herausfordernden Bedingungen. Sie wird Mutter von sechs Kindern und sieht sich während des Zweiten Weltkriegs nicht nur mit faschistischen Studierenden, sondern auch mit der Inhaftierung ihres Ehemannes konfrontiert. Trotz dieser schwierigen Umstände bleibt sie an der Universität und verfolgt ihren beruflichen Traum.

1944 erhalten die französischen Frauen zwar das Stimm- und Wahlrecht, bis sie zu den Gerichten zugelassen werden, vergehen aber zwei weitere Jahre. Nun ist Béquignon-Lagarde zur richtigen Zeit am richtigen Ort, um Justizgeschichte zu schreiben. Der damalige provisorische Gouverneur Charles de Gaulle will eine Richterin an den Cour de cassation berufen -- und laut Bestimmungen ist es möglich, dass Universitätsprofessor*innen solche Posten übernehmen. Béquignon-Lagarde wird damit die erste Richterin Frankeichs an diesem prestigeträchtigen Gericht. In den darauffolgenden 19 Jahren spricht sie hier in der Sozialkammer Recht. Ab 1959 amtet sie zusätzlich als Richterin am Tribunal des conflits, später auch als dessen Vizepräsidentin. Béquignon-Lagarde gilt damit heute nicht nur als Rechtswissenschaftlerin der ersten Stunde, sondern auch als Pionierin in der französischen Justiz.

(Quellen: Joly-Coz 2018, Wikipedia)

Lebensstationen

  • 1900 geboren in Lille (Frankreich)
  • 1922 LL.B. an der Université de Caen
  • 1925 LL.D. an der Université de Caen
  • 1928-1946 Dozentin für Recht an der Université de Rennes
  • 1931 Agrégation de droit privé
  • 1946-1965 Richterin am Cour de cassation
  • 1959-1965 Richterin und Vizepräsidentin am Tribunal des conflits
  • 1993 Tod

Weiterführende Informationen

  • Joly-Coz, Gewnola: "Charlotte Béquignon-Lagarde: qui était la première femme magistrate française?", in: Journal Spécial de Sociétés 2018, 71, S. 8-9.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.