Elizabeth Butler-Sloss
Baroness Elizabeth Butler-Sloss, geboren 1933, wird 1988 die erste Richterin am Court of Appeal und 1999 die erste Präsidentin der Family Division des High Court of Justice in England und Wales.
Hintergrund
Die Rechtswissenschaft begleitet Butler-Sloss von klein auf: Ihr Vater ist Richter am High Court, später studieren ihre drei älteren Brüder Jura. Ein universitärer rechtswissenschaftlicher Abschluss ist damals aber keine Voraussetzung, um zur Anwaltschaft zugelassen zu werden. Das ermöglicht Butler-Sloss eine juristische Karriere, obwohl sie, anders als ihre Brüder, kein Studium absolvieren darf. Gern gesehen sind Frauen dennoch nicht in der Anwaltskammer. Sie findet nur mit Mühe einen Anwalt, der ihr Mentor sein will. Nach ein paar Jahren im Familienrecht – ein Gebiet, in dem Frauen damals am ehesten Aufträge erhalten – verlässt sie als inzwischen dreifache Mutter die Rechtsanwaltschaft, um eine Beamtenstelle anzunehmen, die sich besser mit der Familienarbeit vereinen lässt.
Erst als ihre Kinder älter sind, nimmt Butler-Sloss' Karriere Fahrt auf: 1979 wird sie die vierte Richterin am High Court. Wie alle Richterinnen damals wird sie der Family Division zugeteilt. Hier macht sie sich einen Namen mit bedeutenden Verfahren, etwa der Cleveland Child Abuse Inquiry, dessen Beurteilung ein Jahr später massgeblichen Einfluss auf den Children Act hat. Daraufhin wird sie 1988 als erste Frau an den Court of Appeal, das zweithöchste Gericht in England und Wales, berufen. Die Presse würdigt diese Leistung kaum; berichtet wird vielmehr über die ungewöhnliche Familiensituation der neuen Richterin, da ihr Mann inzwischen Richter in Kenia ist und sie ohne ihn in England verbleibt. 1999 wechselt Butler-Sloss zurück an den High Court – dieses Mal als erste Präsidentin der Family Division. In dieser Position bleibt sie mehrere Jahre die höchste Richterin im Land.
Mit zunehmendem beruflichen Erfolg öffnen sich auch andere Türen für Butler-Sloss. Findet sich 1955 kaum ein Mentor für die frischgebackene Anwältin, wird sie mit der Ernennung zur Richterin am High Court die erste weibliche Bencher (Seniormitglied) und 1998 die erste Schatzmeisterin derselben Anwaltskammer. Butler-Sloss' Leistung beschränkt sich damit nicht nur auf ihre Vorbildfunktion. Mit ihrer herausragenden Arbeit als Richterin trägt sie kontinuierlich zum Wandel des Frauenbilds in den Rechtswissenschaften bei. Seit 2005 ist Butler-Sloss im Ruhestand, aber immer noch vielfältig gesellschaftlich und politisch aktiv.
Lebensstationen
- 1933 geboren als Elizabeth Havers in London
- 1955 Zulassung zur Rechtsanwaltskammer Inner Temple
- 1970-1979 Beamtin beim Principal Registry of the Family Division am High Court
- 1979-1988 Richterin am High Court
- 1979 Seniormitglied (Bencher) Inner Temple
- 1987-1988 Vorsitzende der Cleveland Child Abuse Inquiry
- 1988-1998 Richterin am Court of Appeal
- 1998 Schatzmeisterin Inner Temple
- 1999-2005 Präsidentin der Family Division am High Court
Weiterführende Informationen
- Denis-Smith, Dana: "First Woman Court of Appeal Judge in England and Wales, 1988", in: Erika Racley and Rosemary Auchmuthy (Hrsg.): Women's Legal Landmarks: Celebrating the History of Woman and Law in the UK and Ireland, Oxford 2019, S. 415-420.
- Interview mit Elizabeth Butler-Sloss im Projekt First 100 Years, 2019.
Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi.
Verantwortlich: A. Tschentscher.