Elisabeth Selbert

Elisabeth Selbert, geboren 1896, verankert 1948/49 den Gleichberechtigungsartikel im deutschen Grundgesetz.

Hintergrund

Elisabeth Selbert ist nicht nur eine der vier "Mütter des Grundgesetzes", sondern auch die treibende Kraft hinter der verfassungsrechtlichen Gleichstellung von Mann und Frau in Deutschland. 1948/49 bewirkt sie, zusammen mit Frauenorganisationen und anderen Abgeordneten, die Aufnahme des Satzes "Männer und Frauen sind gleichberechtigt" im neu entstehenden Grundgesetz.

Dieses aussergewöhnliche Verdienst ist auch mit Blick auf Selberts Lebenslauf bemerkenswert: Geboren in eine eher arme, sehr christliche Familie, liegt eine höhere Ausbildung in weiter Ferne. Nach der Heirat mit einem SPD-Anhänger erwacht Selberts politisches Interesse. Sie bemerkt, dass ihr theoretische Grundlagen fehlen. Neben Haushalt, Kindererziehung und Arbeitstätigkeit holt sie deshalb das Abitur nach, studiert Rechts- und Staatswissenschaften und wird 1930 promoviert. Kurz bevor die Nationalsozialisten Frauen aus juristischen Berufen ausschliessen, beantragt sie das Rechtsanwaltspatent. In den kommenden Jahren wird sie als selbständige Anwältin die Haupternährerin der Familie, da ihr Mann als Kritiker des Regimes seine Stelle verliert.

Nach dem Krieg beginnt ihre Karriere erst richtig. Sie wird in die verfassungsberatende Landesversammlung in Hessen und zwei Jahre später in den Parlamentarischen Rat gewählt. Hier schreibt sie mit der staatlich verankerten Gleichberechtigung Verfassungsgeschichte: Als ihr Antrag, den Gleichberechtigungspassus aufzunehmen, zuerst abgelehnt wird, appelliert Selbert an die (weiblich) Öffentlichkeit. Es folgt eine wuchtige Beschwerdeflut; der Rat gibt angesichts des öffentlichen Drucks nach. Das Resultat von Selberts Einsatz steht seither in Artikel 3 Absatz 2 im Grundgesetz. Ihr Lebenslauf ist Zeugnis einer emanzipierten Feministin schlechthin – und ihr Erbe wirkt bis heute für alle Frauen in Deutschland nach.

(Quellen: Wikipedia, Lemo, Röwekamp 2005, Pisal 2008; Bildquelle: Stiftung Haus der Geschichte; EB-Nr. 1987/1/32.0147)

Lebensstationen

  • 1896 geboren als Martha Elisabeth Rhode in Kassel (Deutschland)
  • 1913-1914 Auslandskorrespondentin
  • 1916-1921 Postgehilfin
  • 1918-1933 Mitglied des SPD-Bezirksvorstandes in Kassel
  • 1926-1930 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an den Universitäten Marburg und Göttingen
  • 1930 Promotion
  • 1934 Zulassung zur Anwaltschaft
  • 1934-1945 Rechtsanwältin
  • 1946-1952 Stadtverordnete in Kassel
  • 1946-1955 Mitglied des zentralen SPD-Parteivorstandes
  • 1946 Mitglied der Verfassungsgebenden Landesversammlung in Hessen
  • 1948-1949 Mitglied im Parlamentarischen Rat
  • 1958-1980 Rechtsanwältin
  • 1986 Tod

Weiterführende Informationen

  • Pisal, Ramona: "Elisabeth Selbert: 'Männer und Frauen sind gleichberechtigt'", in: djbZ Zeitschrift des Deutschen Juristinnenbundes 2008, 3, S. 133-136.
  • Hessische Landesregierung (Hrsg.): "Ein Glücksfall für die Demokratie": Elisabeth Selbert (1896-1986): die grosse Anwältin der Gleichberechtigung, Wiesbaden 2008.
  • Film Sternstunde ihres Lebens über Elisabeth Selbert, ARD, 2014.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.