Louise Arbour

Louise Arbour, geboren 1947, wird 1996 die erste Chefanklägerin der Internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda.

Hintergrund

Louise Arbours erster beruflicher Schwerpunkt liegt in der akademischen Rechtswissenschaft. An der bekannten Osgoode Hall Law School der York University, an der Clara Brett Martin als erste Kanadierin Recht studierte, arbeitet sie 13 Jahre als Dozentin und Professorin für Strafrecht. 1987 wird sie zur stellvertretenden Dekanin der Law School ernannt. Im selben Jahr folgt die Wahl an den Supreme Court des Bundesstaates Ontario – und damit der Beginn einer aussergewöhnlichen Karriere in der kanadischen und internationalen Justiz.

Bereits 1990 wird Arbour ans Berufungsgericht von Ontario gewählt und tritt in die Fussstapfen der Pionierin Bertha Wilson. Mit dem Arbour Report, einer 1996 veröffentlichten Untersuchung zu Missbrauchsvorwürfen in bundesstaatlichen Frauenhaftanstalten, trägt Arbour u.a. dazu bei, dass Haftbedingungen von Frauen wesentlich verbessert werden. Kurz nach der Untersuchung wird Arbour zur Chefanklägerin der Internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und Ruanda (ICTR) ernannt. Hier ist sie nicht nur die erste Frau, sondern treibt die strafrechtliche Verfolgung sexueller Gewalt massgeblich voran. Während ihrer Amtszeit werden am ICTR ein spezielles Ermittlungsteam zu sexueller Gewalt gegründet und sexuelle Gewalt erstmals angeklagt sowie verurteilt. Auch im ICTY können dank Arbours Bemühungen erste Verfahren in diesem Bereich durchgeführt werden – u.a. der Prozess gegen drei Soldaten unter der Leitung von Florence Mumba. Arbours Vermächtnis zeigt sich heute insbesondere in einem erhöhten Bewusstsein für die Besonderheiten von Verfahren im Bereich geschlechtsspezifischer und sexualisierter Gewalt in der internationalen Justiz.

1999 kehrt Arbour als Supreme Court Richterin nach Kanada zurück. Später engagiert sie sich als UN-Hochkommissarin für Menschenrechte weltweit für die Einhaltung der Menschenrechte, übernimmt die Leitung der renommierten International Crisis Croup und wird 2017 zur UN-Sonderbeauftragen für internationale Migration ernannt. Ihre Verdienste für Menschen- und Frauenrechte sowie die Weiterentwicklung der internationalen Rechtsprechung werden bis heute mit zahlreichen Preisen und Ehrungen gewürdigt.

(Quellen: Wikipedia, Greve 2008, UN; Bildquelle: WEF via Wikipedia)

Lebensstationen

  • 1947 geboren in Montréal (Kanada)
  • 1970 LL.B. der Université de Montréal
  • 1971 Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
  • 1972-1973 Juristin bei der Law Reform Commission of Canada
  • 1974-1987 Dozentin und Professorin für Strafrecht an der York University in Toronto
  • 1987 Stellvertretende Dekanin der Osgoode Hall Law School der York University
  • 1987-1990 Strafrichterin am Supreme Court of Ontario
  • 1990-1999 Richterin am Court of Appeal for Ontario
  • 1996 Ernennung zur Chefanklägerin an den Internationalen Strafgerichtshöfen für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda
  • 1999-2004 Richterin am kanadischen Supreme Court
  • 2004-2008 UN-Hochkommissarin für Menschenrechte
  • 2009-2014 Geschäftsführerin der International Crisis Group
  • 2017-2018 UN-Sonderbeauftragen für internationale Migration

Weiterführende Informationen

  • Greve, Kathrin: Vergewaltigung als Völkermord: Aufklärung sexueller Gewalt gegen Frauen vor internationalen Strafgerichten, Baden-Baden 2008.
  • Porträt über Louise Arbour von Norman Hillmer et al. in der Canadian Encyclopedia, 2008.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.