Paule Lamy

Paule Lamy, geboren 1892, wird 1922 eine der ersten drei Rechtsanwältinnen Belgiens.

Hintergrund

Paule Lamys Karriere im Recht wird immer wieder von unkontrollierbaren Ereignissen beeinflusst. Ihr 1913 aufgenommenes Literaturstudium wird jäh vom Ausbruch des Ersten Weltkriegs unterbrochen. Lamy flieht nach England, lässt sich zur Krankenpflegerin ausbilden und schlägt sich als Französischlehrerin durch. Zurück in Belgien kehrt sie auch an die Universität zurück – diesmal aber entscheidet sie sich für ein Jurastudium. Ende 1921 schliesst sie mit einem rechtswissenschaftlichen Doktorat ab. Wenige Monate später, im April 1922, geschieht erneut Aussergewöhnliches in der belgischen Geschichte: Dank dem jahrelangen und hartnäckigen Engagement von Feministinnen wie Marie Popelin und Marcelle Renson erhalten Frauen endlich Zugang zur belgischen Rechtsanwaltschaft. Für Lamy bedeutet das, dass sie ihr erarbeitetes Wissen nun auch in der Praxis anwenden kann. Bereits im Mai legt sie – mit Renson und Marguerite De Munter-Latinis – den Eid ab und wird im Juni offiziell in die Anwaltsliste eingetragen.

In den nächsten Jahren arbeitet Lamy einerseits als Rechtsanwältin und engagiert sich andererseits in feministischen Organisationen. 1924 wird sie zur Rechtsberaterin der Fédération belge des femmes universitaires gewählt. Weiter tritt sie dem einflussreichen Conseil National des Femmes Belges bei. Im Zentrum von Lamys feministischen Forderungen steht meist die Verbesserung der Bedingungen und Rechte von arbeitenden Frauen. Auch in der Organsation Groupement belge de la Porte Ouvert setzt sie sich für die wirtschaftliche und rechtliche Gleichstellung von Arbeiter*innen ein. Ihre vielversprechende juristische Karriere nimmt jedoch ein unerwartetes Ende: Aufgrund eines Autounfalls kann Lamy nicht mehr praktizieren. In der Rechtsanwaltsliste eingetragen bleibt sie dennoch bis 1956 – und ihre Vorreiterrolle als Pionierin des belgischen Rechts hat sie bis heute inne.

(Quellen: Wikipedia, Gubin 2006; Bildquelle: AVG CARHIF)

Lebensstationen

  • 1892 geboren in Scharbeek (Belgien)
  • 1913 Beginn des Literaturstudiums an der Freien Universität Brüssel
  • 1914-1918 Krankenpflegerin und Französischlehrerin in England
  • 1918-1921 Jurastudium an der Freien Universität Brüssel
  • 1921 Rechtswissenschaftliche Promotion an der Freien Universität Brüssel
  • 1922 Zulassung als Rechtsanwältin in Belgien
  • 1922-1956 Rechtsanwältin
  • 1924 Wahl zur Rechtsberaterin für die Fédération belge des femmes universitaires (FBFU)
  • 1930 Beitritt zum Groupement belge de la Porte Ouvert
  • 1967 Tod

Weiterführende Informationen

  • Gubin, Eliane et al. (Hrsg.): Dictionnaire des femmes belges: XIXe et XXe siècles, Brüssel 2006.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.