Jekaterina Fleischitz

Jekaterina Abramowna Fleischitz, geboren 1888, wird die erste russische Rechtsanwältin (1909), die erste Doktorin der Rechte (1937) und die erste Juraprofessorin (1940) der Sowjetunion.

Hintergrund

Jekaterina Fleischitz ist eine weitere Pionierin im Recht, die sich mit zahlreichen Widerständen und Ungerechtigkeiten abmühen muss. Nach einem abgeschlossenen Jurastudium in Paris kehrt Fleischitz 1907 ins russische Reich zurück, um in ihrem Heimatland als Juristin zu arbeiten. Die Prüfungen an der Universität St. Petersburg besteht sie zwei Jahre später, wenn auch als Externe statt als reguläre Studentin. Für Frauen ist höhere Bildung damals immer noch schwer zugänglich. Ihre Karriere als Rechtsanwältin ist kurz: Als sie erstmals vor Gericht erscheint, verweigert der anwesende Staatsanwalt seine Teilnahme. Einer Frau die Anwaltslizenz zu erteilen, sei ebenso fahrlässig, wie sie Wahnsinnigen oder Kindern zu geben. Die Verhandlung wird nicht nur abgebrochen, sondern ist Ausgangspunkt eines Prozesses, der auf den offiziellen Ausschluss von Frauen aus der Rechtsanwaltschaft zielt. Kurz darauf wird Fleischitz' Lizenz mit einer fadenscheinigen Argumentation aberkannt: Als Frau könne sie keinen Frack tragen und damit das Wappen ihrer Universität nicht an einem solchen Frack befestigen. Dies jedoch sei unabdingbar für die Anwaltstätigkeit.

Fleischitz kehrt dem Gericht den Rücken und widmet sich der Lehre. Nach bestandenem Magisterexamen doziert sie ab 1917 Zivilrecht an verschiedenen Institutionen. Parallel ist sie als Rechtsberaterin zweier Banken engagiert. 1937 wird sie zur Doktorin der Rechte ernannt und drei Jahre später folgt die ordentliche Professur in Leningrad, mit der Fleischitz erneut Rechtsgeschichte schreibt. Sie wird zu einer namhaften Expertin im Zivil- und Handelsrecht, im römischen Recht und in der allgemeinen Rechtstheorie. Dazu betreut sie rund 20 Doktorierende und prägt als Professorin Generationen von Jurist*innen der Sowjetunion. Ab den 1940er Jahren ist sie zudem massgeblich an der Kodifizierung des sowjetischen Zivilrechts beteiligt. Trotz dieser herausragenden fachlichen Leistungen weht Fleischitz stetig ein rauer, frauenfeindlicher und antisemitischer Wind entgegen. In der Folge verlässt sie 1951 das Leningrader Institut für Finanzen und Wirtschaft und damit ihren Lehrstuhl.

Heute gilt sie als wegweisende Juristin der ersten Stunde. Ihr Lebenswerk wird 1963 mit der Auszeichnung als "Verdiente Wissenschaftlerin der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik" geehrt.

(Quelle: Wikipedia, Universität St. Petersburg; Bildquelle: Wikipedia)

Lebensstationen

  • 1888 geboren in Krementschuk (heute: Ukraine)
  • 1907 Juristisches Examen an der Sorbonne-Université in Paris
  • 1909 Juristisches Examen an der Universität Sankt Petersburg
  • 1909 Rechtsanwältin in St. Petersburg
  • 1917 Magister-Examen in St. Petersburg
  • 1917-1930 Privatdozentin für Zivilrecht an der Universität Petrograd
  • 1921-1929 Rechtsberaterin im Leningrader Büro der Staatsbank und der Leningrader Kommunalbank
  • 1930-1940 Ausserordentliche Professorin am Institut für Finanzen und Wirtschaft in Leningrad
  • 1937 Ernennung zur Doktorin der Rechte
  • 1940 Ernennung zur ordentlichen Professorin am Institut für Finanzen und Wirtschaft in Leningrad
  • 1940er Mitarbeit an der Kodifizierung der Zivilgesetzgebung der UdSSR
  • 1942-1951 Abteilungsleiterin der juristischen Fakultät am Institut für Aussenhandel
  • 1942-1951 Professorin an der Universität Moskau
  • 1968 Tod

Weiterführende Informationen

  • Porträt über Jekaterina Fleischnitz von A.L. Makovsky auf der Onlineplattform Civilista.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.