Nicole Pradain

Nicole Pradain, geboren 1924, wird 1981 die erste Generalstaatsanwältin Frankreichs.

Hintergrund

Als die französischen Frauen 1946 endlich zur Arbeit im Justizdienst zugelassen werden, bewirbt sich die damals 22-jährige Jurastudentin Pradain direkt für die entsprechende Ausbildung. Ein Jahr später besteht sie den Concours de la magistrature, die Zulassungsprüfung zur Ausbildung, und tritt in den Justizdienst ein. Sie beginnt als stellvertretende Untersuchungsrichterin am Gericht von Orléans, wird aber bereits ein Jahr später in das Justizministerium beordert. Hier arbeitet sie in der Direction des affaires civiles et du sceau und wird schliesslich Leiterin der Berufsabteilung.

Knapp zwei Jahrzehnte später wechselt Pradain zur Generalstaatsanwaltschaft am Cour d'appel in Paris. Als eine der stellvertretenden Generalstaatsanwält*innen (Substitut du procureur général) des bekannten Generalstaatsanwalts Paul-André Sadon und wird 1980 zur Generalanwältin (avocate générale) befördert. Zu dieser Zeit wütet die RAF in Europa; auch Pradain hat mit ihnen zu tun. In der Folge erhält sie Morddrohungen und steht zeitweise unter Polizeischutz. Während sich Pradain als Staatsanwältin diesen Schwierigkeiten stellen muss, profitiert sie als Frau vom aufkommenden progressiven Zeitgeist. Der damalige Staatspräsident Frankreichs, Valéry Giscard d'Estaing, verschreibt sich explizit der Frauenförderung und ernennt Pradain 1979 zur Generalsekretärin des Conseil supérieur de la magistrature, der Aufsichtsbehörde der französischen Justiz. Auf diesem prestigeträchtigen Posten arbeitet sie Seite an Seite mit dem Staatspräsidenten und wird mit ihrer herausragenden Arbeit sowohl von der Öffentlichkeit wie auch von Politiker*innen wahrgenommen.

Mit der historischen Ernennung Pradains zur ersten Generalstaatsanwältin (procureure générale) in Frankreich im Jahr 1981 wird nicht nur ihre berufliche Leistung gewürdigt -- Frankreich macht auch einen weiteren, wichtigen Schritt zur juristischen Gleichstellung. 81 Jahre nach der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft und 35 Jahre nach der Zulassung zum Richteramt ist eindeutig klar: Frauen sind auch in den Staatsanwaltschaften -- auf höchster Ebene -- angekommen. Das Ereignis wird entsprechend zelebriert und medial begleitet; bald kennt ganz Frankreich den Namen der ersten procureure générale. Doch Pradain ist nicht nur Symbol einer frauenfördernden Politik. Sie leistet, was von ihr erwartet wird, und führt die Staatsanwaltschaft des Gerichts mit klarer Linie. Nach sechs Jahren in Riom wird Pradain als Avocate générale an den Kassationshof in Paris, das höchste Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Frankreich, berufen. Hier bleibt sie bis zu ihrem Ruhestand im Jahr 1999.

(Quellen: Joly-Coz 2020, Wikipedia, Annuaire Magistrature)

Lebensstationen

  • 1924 geboren in Pithiviers (Frankreich)
  • 1947 Concours de la magistrature und Eintritt in den Justizdienst
  • 1948 Stellvertretende Richterin am Tribunal d'Orléans
  • 1949-1973 Beamtin im Justizministerium
  • 1973-1977 Abteilungsleiterin im Justizministerium
  • 1977-1980 Stellvertretende Generalstaatsanwältin am Cour d'appel in Paris
  • 1979-1981 Generalsekretärin des Conseil supérieur de la magistrature
  • 1980 Generalanwältin am Cour d'appel in Paris
  • 1981-1986 Generalstaatsanwältin am Cour d'appel de Riom
  • 1986-1999 Avocate générale am Cour de cassation in Paris
  • 2005 Tod

Weiterführende Informationen

  • Joly-Coz, Gwenola: "Nicole Pradain: Première femme procureure générale", in: Journal Spécial des Sociétés 2020, 1, S. 2-3.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.