Aisha Rateb

Aisha Muhammad Suad Rateb, geboren 1928, wird 1970 Ägyptens erste Rechtsprofessorin und 1979 die erste ägyptische Botschafterin.

Hintergrund

Als Aisha Rateb ihr Jurastudium abschliesst, schreibt der ägyptische State Council, ein unabhängiges Rechtsprechungsorgan für Verwaltungsstreitigkeiten und Disziplinarfälle, Assistenzstellen für Absolventen aus. Rateb bewirbt sich, mit einem der besten Abschlüsse ihres Jahrgangs. Dass eine Frau Recht sprechen könnte, ist in Ägypten 1949 jedoch undenkbar. Um ihre Bewerbung diskret aussortieren zu können, wird ein zusätzlicher Zulassungstest erfunden – den Rateb allerdings als einzige Bewerbende besteht. Das Gericht spricht sich daraufhin öffentlich gegen sie bzw. gegen Richterinnen im Allgemeinen aus. Rateb widerum ficht den Entscheid vor Gericht an. Sie verliert zwar, schreibt aber Geschichte im Kampf um justizielle Gleichstellung ägyptischer Frauen.

Nach dem verlorenen Prozess schreibt sich Rateb erneut an der Universität Kairo ein. In den folgenden Jahren wird sie hier mehrfach zur Pionierin: In ihrer Dissertation forscht sie zur Neutralität im internationalen Recht – als eine der ersten in der arabischsprachigen Welt. Seit 1950 als Lehrassistentin angestellt, wird sie 1962 zur ersten Assistenz-Juraprofessorin Ägyptens ernannt. 1970 folgt der Ruf auf einen ordentlichen Lehrstuhl. Neben ihrer akademischen Laufbahn zieht Rateb zwei Kinder gross – meist als Alleinerziehende, da ihr Mann beruflich im Ausland weilt.

1971 wechselt Rateb in die Politik. Sie wird vom neuen Präsidenten Anwar Sadat an die Spitze des Ministeriums für soziale Angelegenheiten geholt. Während der nächsten sechs Jahre stösst sie zahlreiche Reformen an, die auf eine Verbesserung der sozialen Absicherung und der rechtlichen Stellung von Frauen zielen. Nachdem sie 1977 die von Sadat verordnete Sparmassnahmen auf Kosten der Ärmsten nicht mittragen will, gibt sie ihr Amt ab und kehrt an die Universität zurück. Bereits 1979 folgt aber der nächste staatliche Posten: Rateb wird die erste ägyptische Botschafterin; zuerst in Dänemark, dann in der Bundesrepublik Deutschland. 1984 wechselt sie ein letztes Mal zurück an die Universität Kairo – und bleibt bis zum Ruhestand Professorin und erste weibliche Vorsitzende des Departements für Völkerrecht. Auch wenn sie nicht die erste ägyptische Richterin geworden ist – als erste Professorin und erste Botschafterin hat sie heute ihren festen Platz in der ägyptischen Geschichte als Pionierin des Rechts.

(Quellen: Mehanna/Sonneveld 2021; Bildquelle: Wikipedia)

Lebensstationen

  • 1928 geboren in Kairo
  • 1945-1949 Jurastudium an der Universität Kairo
  • 1950 postgraduales Diplom in Völkerrecht der Universität Kairo
  • 1950-1962 Lehrassistenz an der Universität Kairo
  • 1951 postgraduales Diplom in internationalem Privatrecht der Universität Kairo
  • 1951-1955 rechtswissenschaftliche Promotion an der Universität Kairo
  • 1962-1970 Assistenzprofessorin an der Universität Kairo
  • 1970 Professorin für Völkerrecht an der Universität Kairo
  • 1971-1977 Ministerin für Soziales
  • 1976-1977 Ministerin für Versicherungen
  • 1979-1981 ägyptische Botschafterin in Dänemark
  • 1981-1984 ägyptische Botschafterin in der Bundesrepublik Deutschland
  • 1984-1988 Professorin für Völkerrecht an der Universität Kairo
  • 1987 Vorsitzende des Departements für Völkerrecht an der Universität Kairo
  • 2013 Tod

Weiterführende Informationen

  • Mehanna, Omnia/Sonneveld, Nadia: "Why Aisha Rateb Could not Become Egypt's First Female Judge, and Became Egypt's First Female Law Professor Instead", in: Ulrike Schultz et al. (Hrsg.): Gender and Careers in the Legal Academy, Dublin 2021, S. 373-387.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.