Soia Mentschikoff

Soia Mentschikoff, geboren 1915, wird 1945 als erste Frau Partnerin einer Wall Street-Kanzlei und unterrichtet als erste Frau an der Harvard Law School (1947) sowie an der University of Chicago Law School (1951).

Hintergrund

Soia Mentschikoffs Karriere zeugt nicht nur vom Leben einer aussergewöhnlichen Juristin, sondern beinhaltet gleich mehrere bedeutende Ereignisse mit Blick auf die juristische Gleichstellung von Frauen. Nach abgeschlossenem juristischen Berufsdoktorat spezialisiert sich Mentschikoff als Rechtsanwältin an der Wall Street im Handels- und Arbeitsrecht. 1945 wird sie, als erste Frau, Partnerin bei einer dortigen Kanzlei. Ihr Fachwissen setzt sie parallel am Amercian Law Institute für die Arbeit am Uniform Commercial Code (UCC) ein. Ziel dieses Projekts ist ein einheitliches US-amerikanisches Handelsrecht. Zusammen mit ihrem späteren Ehemann, dem renommierten Juristen Karl Llewellyn, entwirft sie in den 1940er Jahren bedeutende Teile des Textes und kämpft landesweit für dessen Annahme. Veröffentlicht im Jahr 1952 gilt der UCC heute in beinahe allen Bundesstaaten.

Gleichzeitig beginnt Mentschikoffs Aufstieg in der akademischen Rechtswissenschaft. 1947 beendet sie ihre Karriere als Anwältin und nimmt ein Angebot der Harvard Law School an. Zu einer Zeit, an der die Hochschule immer noch keine weiblichen Studierenden aufnimmt, wird Mentschikoff die erste Juradozentin an der Eliteuniversität. Nach vier Jahren wird sie -- zusammen mit Llewellyn -- nach Chicago berufen. Er wird Professor, sie Professorial Lecturer. Die ordentliche Professur erhält sie erst nach dem Tod ihres Mannes. Auch hier lehrt Mentschikoff als erste Frau. Ab 1967 unterrichtet sie zusätzlich an der University of Miami School of Law. Sieben Jahre später verlässt sie Chicago endgültig und wird die erste weibliche Dekanin der Miami Law School. Im selben Jahr präsidiert sie als erste Frau die American Association of Law Schools, die Vereinigung der juristischen Fakultäten US-amerikanischer Hochschulen. 1975 wird sie zudem als Richterin für den Supreme Court vorgeschlagen. Bis Frauen auch diese Hürde nehmen, vergehen aber noch sechs weitere Jahre (siehe Sandra Day O'Connor).

Dem Handelsrecht bleibt Mentschikoff auch jenseits der akademischen Lehre und Forschung verbunden: 1954 wird sie Consultant beim ständigen Redaktionsausschuss des UCC, 1964 setzt sie sich als US-Vertreterin in Den Haag für einheitliche Gesetze über internationale Verkäufe und Schiedsverfahren ein. Mentschikoff ist damit nicht nur eine aussergewöhnliche Pionierin des Rechts, sondern prägt das Handelsrecht der USA bis zum heutigen Tag.

(Quellen: Wiseman 1996; Bildquelle: University of Chicaco)

Lebensstationen

  • 1915 geboren in Moskau
  • 1917 Emigration nach New York
  • 1937 J.D. der Columbia Law School
  • 1937-1945 Prozess- und Rechtsanwältin an der Wall Street
  • 1942-1949 Forschungsassistentin am American Law Institute
  • 1945-1949 Partnerin der Kanzlei Spence, Hotchkiss, Parker & Duryee
  • 1947-1949 Visiting Professor an der Harvard Law School
  • 1949-1951 Professorin an der Harvard Law School
  • 1949-1954 Associate Chief Reporter am American Law Institute
  • 1951-1962 Professorial Lecturer an der University of Chicago Law School
  • 1962-1974 Ordentliche Professur an der University of Chicago Law School
  • 1967 Dozentin an der University of Miami School of Law
  • 1974-1982 Dean der University of Miami School of Law
  • 1974 Präsidentin der American Association of Law Schools
  • 1984 Tod

Weiterführende Informationen

  • Wiseman, Zipporah Batshaw: "Soia Mentschikoff (1915-1984)", in: Rebecca Mae Salokar und Mary L. Volcansek (Hrsg.): Women in Law: A Bio-bibliographical Sourcebook, Westport/London 1996, S. 171-179.
  • Knake Jefferson, Renee/Brenner Johnson, Hannah: Shortlisted: Women in the Shadows of the Supreme Court, New York 2020.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.