Marcelle Renson

Marcelle Renson, geboren 1894, wird 1922 eine der ersten drei Rechtsanwältinnen Belgiens.

Hintergrund

Bereits nach dem Studium werden Renson die rechtlichen Einschränkungen für belgische Juristinnen ein erstes Mal aufgezeigt. Renson hat in Frankreich studiert und wird dort 1919 zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Zurück in Belgien legt sie ihr Doktoratsexamen ab, wird aber dennoch nicht in die Anwaltskammer aufgenommen. Die explizit gesetzlich festgehaltene Garantie der Zulassung von Frauen zum Anwaltsberuf fehlt noch immer – wie bereits 30 Jahre vorher bei Marie Popelin. Und analog zur "Affaire Popelin" begründet die konservative Anwaltskammer mit diesem fehlenden Gesetz ihren Entscheid, Juristinnen auszuschliessen. Renson wehrt sich und arbeitet in der Folge am Gesetzesvorschlag mit, welcher Frauen endlich den gleichberechtigten Zugang zu juristischen Berufen gewährleisten soll. Im April 1921 verbuchen die Frauenrechtler*innen einen ersten Erfolg: Juristinnen dürfen nun per Gesetz Rechtsanwältinnen werden – wenn auch nur mit Zustimmung ihrer allfälligen Ehemänner. Einen Monat später legt Renson, zusammen mit Paule Lamy und Marguerite De Munter-Latinis, den Eid ab.

In den folgenden Jahren verschreibt sich Renson dem feministischen Kampf um Gleichberechtigung. Sie wird Teil des radikalen Flügels der belgischen Frauenrechtsbewegung und kämpft in verschiedenen Vereinigungen für die Umsetzung ihrer egalitären Visionen. Bemerkenswert ist auch ihre Mitarbeit bei der ersten Kommission zur Vereinheitlichung des Völkerrechts 1930 in Den Haag. Hier tritt sie insbesondere für die Rechte verheirateter Frauen mit Blick auf deren Staatangehörigkeit ein. Entsprechende Reformen zum rechtlichen Status verheirateter Frauen forderte sie auch in ihrem bekannten Bericht Le régime matrimonial desépoux dont la nationalité est différente (1939). Nach dem Zweiten Weltkrieg widmet sie sich wieder vermehrt der Arbeit als Rechtsanwältin. Marcelle Renson schreibt damit nicht nur selbst Rechtsgeschichte, sondern ebnet mit ihrem feministischen Engagement den Weg zur juristischen und rechtlichen Gleichstellung aller Juristinnen und verheirateten Frauen in Belgien.

(Quellen: Gubin et al. 2006, Wikipedia; Bildquelle: AVG CARHIF)

Lebensstationen

  • 1894 geboren in Brüssel
  • 1912-1914 Studium der Literaturwissenschaften an der Université libre de Bruxelles
  • 1914-1918 Jurastudium in Paris
  • 1919 Zulassung als Rechtsanwältin in Frankreich
  • 1920 Doktorin der Rechte an der Université libre de Bruxelles
  • 1920 Dozentin für Zivilrecht an der École centrale de Service social
  • 1922 Zulassung als Rechtsanwältin in Belgien
  • 1923 Wahl zur Rechtsberaterin der Fédération nationale des infirmières
  • 1926 Beitritt zur Allicance internationale des femmes pour le suffrage (AIFS)
  • 1932 Mitglied des Comité de patronage l'enfant im Justizministerium
  • 1939 Publikation Le régime matrimonial desépoux dont la nationalité est différente
  • 1988 Tod

Weiterführende Informationen

  • Renson, Marcelle/Kraemer-Bach, Marcelle: Le régime matrimonial desépoux dont la nationalité est différente: rapport présenté à la Fédération internationale des femmes magistrats et avocats en 1934 et 1935, Paris, 1939.
  • Gubin, Eliane et al. (Hrsg.): Dictionnaire des femmes belges: XIXe et XXe siècles, Brüssel 2006.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.