Bertha Wilson

Bertha Wernham Wilson, geboren 1923, wird 1982 die erste Richterin am kanadischen Supreme Court.

Hintergrund

Bertha Wilson prägt das kanadische Recht einerseits in ihrer Rolle als Pionierin. In Schottland geboren emigriert die ausgebildete Philosophin 1949 mit ihrem Ehemann nach Kanada und beginnt ein Rechtsstudium. 1958 wird sie zur kanadischen Rechtsanwaltschaft zugelassen und arbeitet während rund 15 Jahren als Rechtsanwältin. Bereits hier ist Wilson "die Erste"; nämlich die erste Rechtsanwältin und später die erste Partnerin der renommierten Kanzlei Osler, Hoskin & Harcourt. 1975 wechselt Wilson ans Gericht. Während sieben Jahren spricht sie am Appellationsgericht in Ontario Recht. Auch hier ist sie die erste Frau in dieser Position. 1982 schreibt Wilson dann auch auf nationaler Ebene Rechtsgeschichte: Sie wird die erste Richterin am kanadischen Supreme Court, dem höchsten Gericht Kanadas.

In dieser Rolle prägt Wilson das kanadische Recht in einer anderen, substanziellen Weise. Als Richterin des Supreme Court erhält Wilson direkten Einfluss auf die nationale Rechtsprechung. In den 25 Jahren am höchsten Gericht verfasst Wilson entsprechend bedeutende, oft progressive Urteile. Besonders bekannt sind hierbei etwa ihre Urteile zugunsten eines verfassungsrechtlich verankerten Rechts auf Abtreibung (R v. Morgentaler, 1988) oder um die Anerkennung des "battered-wife syndrom" im Zusammenhang mit Notwehr (R v. Lavallée, 1990), etwa in Fällen häuslicher Gewalt. Weiter ist sie massgeblich an der Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Gerichten und Parlament im kanadischen Rechtssystem beteiligt, das durch die 1982 eingeführte Canadian Charter of Rights and Freedoms einer Neudefinition bedarf. Ausgezeichnet werden ihre Verdienste für das kanadische Recht mit rund 20 Ehrendoktortiteln und mehreren staatlichen Auszeichnungen. Neben diesen fachlichen Leistungen engagiert sich Wilson viele Jahre ehrenamtlich in verschiedensten juristischen und karitativen Vereinigungen.

(Quellen: SCC, Mossman 1996; Bildquelle: SCC)

Lebensstationen

  • 1923 geboren in Kirkcaldy (Schottland)
  • 1944 M.A. in Philosophie der University of Aberdeen
  • 1945 Diplom des Training College for Teachers in Aberdeen
  • 1949 Emigration nach Kanada
  • 1957 LL.B. der Dalhousie University
  • 1957 Zulassung zur Rechtsanwaltschaft in Nova Scotia
  • 1959-1968 Rechtsanwältin bei der Kanzlei Osler, Hoskin & Harcourt
  • 1968-1975 Partnerin bei der Kanzlei Osler, Hoskin & Harcourt
  • 1975-1982 Richterin am Court of Appeal for Ontario
  • 1982-1991 Richterin am Supreme Court
  • 1984-1990 Richterin am Ständigen Schiedshof in Den Haag
  • 2007 Tod

Weiterführende Informationen

  • Mossman, Mary Jane: "Bertha Wilson (1923-2007)", in: Rebecca Mae Salokar und Mary L. Volcansek (Hrsg.): Women in Law: A Bio-bibliographical Sourcebook, Westport/London 1996, S. 398-347.
  • Anderson, Ellen: Judging Bertha Wilson: Law as Large as Life [Biografie], Toronto 2001.
  • Kim Brooks (Hrsg.): Justice Bertha Wilson: One Woman's Difference, Vancouver 2009.
  • Backhouse, Constance: Deux grandes dames: Bertha Wilson et Claire L'Heureux-Dubé à la Cour suprême du Canada, Ottawa 2021.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.