Lina Stadlin-Graf

Lina Stadlin-Graf, geboren 1872, schliesst 1895 als erste Schweizerin und zweite Frau das Jurastudium an der Universität Bern ab.

Hintergrund

Lina Stadlin-Grafs Vater, ein belesener Bauer aus dem Appenzellerland, setzt sich früh für die Bildung seiner jüngsten Tochter ein. Unüblich für die damalige Zeit ermöglicht er ihr nicht nur einen weiterführenden Schulbesuch, sondern sogar ein Rechtsstudium. Graf schreibt sich 1891 an der Universität Zürich als Hörerin ein und erhält aufgrund ihrer besonderen Leistungen ein Zeugnis, mit dem sie sich regulär als Studentin immatrikulieren kann. Sie wählt die Universität Bern für ihr Jurastudium und promoviert 1895 als zweite Frau an der juristischen Fakultät Berns beim bekannten Prof. Eugen Huber, dem Verfasser des Schweizerischen Zivilgesetzbuches.

In den kommenden Jahren heiratet die Juristin einen Kommilitonen und folgt ihm, zusammen mit dem gemeinsamen Sohn, nach Zug. Während ihr Mann ein Anwaltsbüro eröffnet und in der Politik Karriere macht, kümmert sich Stadlin-Graf zuerst um Haus und Kind. Ab 1902 aber übernimmt sie für knapp 20 Jahre unter dem Namen ihres Gatten die Redaktion des Zuger Volksblatts, eines wöchentlich erscheinenden Kampfblattes des Freisinns. Dass die Juristin – und nicht ihr Ehemann – hinter den frauenspezifischen Artikeln in der Zeitschrift steckt, ist öffentlich bekannt – viel dagegen tun können ihre Gegner aber nicht. Nach weiteren zehn Jahren in Bern zieht das Paar zurück in die Innerschweiz und verbringen den Ruhestand mit juristischen Beratungen bei Streitereien in ihrer Wohngemeinde.

(Quellen: Rogger 1999, HLS)

Lebensstationen

  • 1872 geboren in Speicher (Schweiz)
  • 1891-1892 Hörerin an der Universität Zürich
  • 1892-1895 Jurastudium an der Universität Bern
  • 1897 Heirat und Umzug nach Zug
  • 1902-1920 Redaktorin beim Zuger Volksblatt
  • 1920 Umzug nach Bern
  • 1933 Umzug nach Beckenried
  • 1954 Tod

Weiterführende Informationen

  • Rogger, Franziska: "Die Juristin und Redaktorin Lina Stadlin Graf 1872-1954", in: Renate Bräuniger (Hrsg.): FrauenLeben Appenzell: Beiträge zur Geschichte der Frauen im Appenzellerland, 19. und 20. Jahrhundert, Herisau 1999, S. 472-480.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.