Ilse Staff

Ilse Staff, geboren 1928, habilitiert sich 1969 als erste Frau im deutschen Sprachraum im Fachbereich Öffentliches Recht und wird 1970 das erste weibliche Mitglied in der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer.

Hintergrund

Ilse Staffs juristische Karriere ist zeitlebens eng mit Frankfurt a.M. verknüpft. 1954 promoviert sie an der dortigen Johann Wolfgang Goethe-Universität, bestreitet den Referendardienst und legt 1957 die zweite Juristische Staatsprüfung ab. Nach einigen Jahren als Rechtsanwältin kehrt sie 1964 an die Universität zurück. Als Oberstudienrätin unterrichtet sie an der Abteilung für Erziehungswissenschaften Jugendrecht, Schulrecht und bildungsphilosophische Propädeutik. 1969 folgt die rechtswissenschaftliche Habilitation und 1971 die Ernennung zur Professorin für Staats- und Verwaltungsrecht. Bei beiden Anlässen wird Staff zur Pionierin: Sie ist die erste Habilitandin Deutschlands, Österreichs und der Schweiz im öffentlichen Recht und die erste Juraprofessorin der Universität Frankfurt.

Der juristischen Fachwelt ist Staff zum Zeitpunkt ihrer Habilitation bereits gut bekannt. Früh wird Staff Teil der Frankfurter links-liberalen Intellektuellen und positioniert sich als Vertreterin der Frankfurter Schule. Ihre Forschungsthemen und Thesen sind für den eher konservativen Kreis von Staatsrechtlern oft unbequem. Fünf Jahre vor der Habilitation erscheint ihr Werk Justiz im Dritten Reich: Eine Dokumentation, in dem sie auch den nationalsozialistischen Hintergrund einiger etablierter Juraprofessoren angeht. Dennoch wird sie 1970 als erste Frau in die Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer aufgenommen.

22 Jahre lehrt Staff in Frankfurt. Weitere ihrer Forschungsschwerpunkte sind die Staatsrechtslehre Italiens, insbesondere unter der Zeit des italienischen Faschismus, sowie Grundrechte. Dabei liegt Staffs Fokus nicht nur auf der Staatsrechtslehre als akademisches Fach. Sie setzt sich, als entschiedene Demokratin, auch aktiv für juristische Bildung und Wissensvermittlung ein. So gibt sie beispielsweise verschiedene juristische Lehrbücher heraus; mit Rechtskunde für junge Menschen (1979) u.a. auch ein Buch für Jugendliche jenseits der akademischen Rechtswissenschaft. Staff ist, mit Blick auf ihren Lebenslauf, die Pionierin des öffentlichen Rechts im deutschsprachigen Sprachraum. In Erinnerung bleibt sie aber auch für ihre kritische Perspektive und den Mut, sich als eine der Ersten der deutsche Staatsrechtslehre -- und ihrer Vertreter -- unter dem NS-Regime zu widmen. Seit 2014 verleiht die juristische Fakultät jährlich einen "Ilse-Staff-Preis" für die beste juristische Hausarbeit.

(Quellen: Sacksofsky 2014/2018, Starck 2015)

Lebensstationen

  • 1928 geboren als Ilse Hupe in Hannover (Deutschland)
  • 1947-1952 Jurastudium an den Universitäten Würzburg, Pisa und Frankfurt
  • 1954 rechtswissenschaftliche Promotion an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt a.M.
  • 1957 Zweite Juristische Staatsprüfung
  • 1957-1964 Rechtsanwältin und Mitarbeiterin in der Rechtsabteilung des Hessischen Rundfunks
  • 1964-1971 Dozentin für Jugendrecht, Schulrecht und bildungsphilosophische Propädeutik an der Universität Frankfurt
  • 1964 Publikation Justiz im Dritten Reich: Eine Dokumentation
  • 1969 Habilitation an der Universität Frankfurt
  • 1971-1993 Professur für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Frankfurt
  • 2017 Tod

Weiterführende Informationen

  • Staff, Ilse: Justiz im Dritten Reich: Eine Dokumentation, Frankfurt a.M. 1964.
  • Sacksofsky, Ute: "Ilse Staff -- die erste deutsche Staatsrechtslehrerin", in: Fachbereich Rechtswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt/M. (Hrsg.): 100 Jahre Rechtswissenschaft in Frankfurt: Erfahrungen, Herausforderungen, Erwartungen, Frankfurt a.M. 2014, S. 185-200.
  • Starck, Christian: "Die Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer", in: Rechtswissenschaft 2015, 6, S. 118-134.
  • Sacksofsky, Ute: "Kritische Vorreiterin und erste deutsche Staatsrechtslehrerin: Nachruf auf Ilse Staff (1928-2017)", in: Kritische Justiz 2018, 51, 1, S. 3-6.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.