Suzanne Challe

Suzanne Challe, geboren 1926, wird 1978 die erste Präsidentin eines französischen Appellationsgerichts.

Hintergrund

1969 hält Suzanne Challe am Berufungsgerichts in Aix-en-Provence eine Rede über die Frauen an französischen Gerichten; über les françaises sous la toge. Sie thematisiert die Widerstände und Befürchtungen, denen Richterinnen und Staatsanwältinnen gegenüberstehen aus eigener sowie historischer Perspektive. Klar wird -- knapp ein Vierteljahrhundert nach der Gesetzesänderung von 1946, die Frauen Zugang zum Justizdienst ermöglicht -- angesichts der wenigen Juristinnen im Staatsdienst: Eine blosse Gesetzesänderung reicht für faktische Gleichstellung in juristischen Berufen nicht aus.

Challe spricht damals aus über 20 Jahren Berufserfahrung. Nach einem rechtswissenschaftlichen Studium schreibt sie sich zuerst als Rechtsanwältin ein, besteht dann mit Bravour die Zulassungsprüfung für die magistrature, den Dienst an den französischen Gerichten, und bald darauf die Prüfung für die Zulassung als Beamtin der Zentralverwaltung. In den darauffolgenden Jahren arbeitet sie in diversen Abteilungen des Justizministeriums. 1964 wird Challe als Conseillère -- als Richterin -- ans Appellationsgericht in Aix-en-Provence berufen. Hier spricht sie 14 Jahre lang nacheinander in der Zivil-, Straf- und Handelskammer Recht und präsidiert als erste Kammerpräsidentin eines französischen Appellationsgerichts während vier Jahren die Sozialkammer. Mit ihrer hervorragenden Arbeit fällt sie 1978 dem damaligen Staatspräsidenten Valéry Giscard d'Estaing auf. Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, Frauen in Führungspositionen zu ernennen. Challe wird daraufhin zur Präsidentin des Berufungsgerichts in Nîmes befördert -- als erste Frau Frankreichs in einer solchen Position. Für diesen Posten lässt sie ihre Familie in Aix zurück; ihr Mann -- auch Beamter -- kann in diesem Verwaltungskreis nicht arbeiten. Bis zum Ruhestand pendelt sie neben der herausfordernden Arbeit zwischen Nîmes und ihrer Familie. Auch zum Ende ihrer Amtszeit, 1991, spricht sie erneut über die Stellung der Frauen in der Justiz. Sie bilanziert, dass Staatsanwältinnen und Richterinnen immer besser akzeptiert seien und Vorurteile langsam schwinden würden.

Challe selbst hat damit erfolgreich zahlreiche Hürden überwunden und eine Zeit mitgeprägt, in der sich Frauen an den französischen Gerichten ihren Platz erkämpft haben.

(Quellen: Joly-Coz 2020, Challe 1969)

Lebensstationen

  • 1926 geboren als Suzanne Bruneau in Forcalquier (Frankreich)
  • 1946 Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
  • 1947 Eintritt in den Justizdienst
  • 1948 Stellvertretende Richterin am Gericht in Aix-en-Provence
  • 1949 Concours de la magistrat à l'administration centrale
  • 1949-1953 Beamtin in der Direction des affaires civiles et du sceau (Justizministerium)
  • 1953-1958 Beamtin im Service de l'organisation judiciaire (Justizministerium)
  • 1958-1964 Beamtin im Bureau de la gestion des officier publics et ministériels (Justizministerium)
  • 1964-1974 Conseillère (Richterin) am Cour d'appel d'Aix-en-Provence
  • 1974-1978 Kammerpräsidentin am Cour d'appel d'Aix-en-Provence
  • 1978-1991 Präsidentin des Cour d'appel de Nîmes
  • 2012 Tod

Weiterführende Informationen

  • Rede Les Française sous la toge von Suzanne Challe am Cour d'appel d'Aix-en-Provence, 1969.
  • Joly-Coz, Gwenola: "Suzanne Challe, première femme Première Présidente", in: Journal Spécial des Sociétés 2020, 1, S. 2-4.

Letzte Aktualisierung: L. Pacozzi. Verantwortlich: A. Tschentscher.