Anna Jewreinowa

Anna Michailowna Jewreinowa (auch: Johanna von Ewreinow), geboren 1844, wird 1869 als erste Frau in Deutschland als Gasthörerin in juristischen Vorlesungen zugelassen und promoviert 1873 als erste Frau im Land.

Hintergrund

Anna Jewreinowas Wissbegierde und Studienpläne entsprechen nicht dem Zeitgeist des russischen 19. Jahrhunderts. Ganz im Kontrast zu ihrer konservativen Erziehung, von der sie sich nach und nach distanziert, schliesst sich die junge Frau der intellektuellen nihilistischen Jugendbewegung an. Sie setzt sich für die Emanzipation von Frauen ein und nimmt heimlich Unterricht in alten Sprachen. Mit der Unterstützung von Freunden aus intellektuellen Kreisen beginnt sie sich mit der Rechtswissenschaft zu beschäftigen. Doch ein ordentliches Studium ist für junge Frauen im Russland jener Zeit undenkbar.

Gemeinsam mit ihrer besten Freundin schmiedet Jewreinowa im Versteckten Pläne für ein Studium im Westen Europas. Die Frauen machen sich auf die Suche nach einem Mann, um mit einer Scheinehe den Weg nach Westeuropa zu ebnen – eine gängige Taktik, um der väterlichen Gewalt und dem Studienverbot zu entfliehen. Die erfolglose Suche stürzen Jewreinowa in eine tiefe Verzweiflung, so sehr sehnt sie sich nach einem Aufbruch, dass sie Suizidgedanken hegt. 1869 schafft sie schliesslich die Flucht nach Deutschland. In Heidelberg angekommen, besucht sie – als erste Frau Deutschlands – drei Semester lang juristische Vorlesungen als Gasthörerin. Sie setzt 1871 ihr Studium in Leipzig fort und beantragt dort als Externe die Zulassung zur Promotion. 1873 erwirbt sie als erste Frau in Deutschland und in Russland den juristischen Doktorgrad im Fachgebiet des sich allmählich formierenden Völkerrecht.

Mitte der 1870er Jahre kehrt sie nach Russland zurück, wo sie sich der rechtswissenschaftlichen Forschung widmet. Zudem ist sie journalistisch aktiv und ist während fünf Jahren Redakteurin einer Zeitschrift. Als Publizistin, Juristin und Feministin setzt sie sich für die Öffnung des Rechtsstudiums für Frauen und für deren Zulassung zum Anwaltsberuf ein.

(Quellen: Cordula Tollmien 2009, Röwekamp 2024, Wikipedia; Bildquelle: Wikipedia)

Lebensstationen

  • 1844 geboren in St. Petersburg, Russland
  • 1869-1871 Studium als Gasthörerin an der Universität Heidelberg
  • 1871-1873 Studium an der Universität Leipzig
  • 1873 Promotion an der Universität Leipzig
  • Ab 1873 Wissenschaftlich-literarische Tätigkeit
  • 1885-1890 Redakteurin der Zeitschrift "Bote des Nordens"
  • 1919 Tod

Weiterführende Informationen

  • Röwekamp, Marion et al.: "Jewreinowa, Anna Michailowna", in: Deutscher Juristinnenbund e.V. (Hrsg.): Juristinnen. Lexikon zu Leben und Werk, 2. Aufl., Baden-Baden, 2024, S. 254-257.

Letzte Aktualisierung: J. Niederberger. Verantwortlich: A. Tschentscher.