Hélène Cazes-Benatar
Rachel Hélène "Nelly" Cazes-Benatar, geboren 1898, wird 1933 die erste marokkanische Anwältin.
Hintergrund
Hélène Cazes-Benatar ist eine juristische Pionierin, leidenschaftliche Zionistin und leistet bedeutende humanitäre Arbeit während und nach dem Zweiten Weltkrieg.
Aufgewachsen ist Cazes-Benatar in einer jüdischen Grossfamilie und lebt bereits in Kindheitsjahren an vielen Orten. Mit 19 Jahren absolviert sie das Abitur, was eine seltene Errungenschaft für eine marokkanische Frau zu dieser Zeit darstellt. In ihren Dreissigern beginnt Cazes-Benatar als bereits verheiratete Frau mit zwei Kindern ein Jurastudium per Fernunterricht an der Universität Bordeaux. Drei Jahre später wird sie 1933 als erste Frau und als erste jüdische Frau in Marokko als Anwältin zugelassen. Daraufhin gründet sie ihre eigene Anwaltskanzlei in Casablanca.
Cazes-Benatar und ihr Mann engagieren sich intensiv für die jüdische Gemeinde. Sie präsidiert in der lokalen zionistischen Frauenbewegung (WIZO) und wird 1936 als erste Frau Vorstandsmitglied in der nationalen zionistischen Bewegung. Als ihr Mann 1939 unerwartet an einer Infektionskrankheit verstirbt, fällt sie in tiefe Trauer. Sie gibt ihre Kanzlei auf und lässt sich beim Roten Kreuz zur Krankenschwester ausbilden. Nach der französischen Kapitulation im Jahr 1940, überkommt Marokko eine grosse Flüchtlingswelle. Cazes-Benatar sieht sich berufen, den Geflüchteten zu helfen. Sie gründet eine Hilfsorganisation, um den zahlreichen jüdischen und nicht-jüdischen Geflüchteten Nahrung, Unterkunft und medizinische Hilfe zu bieten. Sie lässt sich durch den Widerstand des Vichy-Regimes nicht aufhalten und verfolgt sie ihre humanitäre Arbeit entschlossen weiter. Auch in den Nachkriegsjahren ist sie für die Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA) aktiv und beteiligt sich auch beim Wiederaufbau jüdischer Gemeinschaften. 1962 verlässt sie Marokko und zieht nach Paris. Dort legt sie erneut die Anwaltsprüfung ab und bleibt bis zu ihrem Tod aktiv in der jüdischen Exil-Gemeinde.
(Quellen: Jewish Women's Archive, Gilson 2021, Wikipedia, Bildquelle: Wikipedia)
Lebensstationen
- 1898 geboren in Tangier, Marokko
- 1910 Aufenthalt in Turin
- 1914 Aufenthalt in Sevilla
- 1917 Abitur in Casablanca
- 1930-1933 Rechtsstudium an der Universität Bordeaux
- 1933 Zulassung zur Anwältin und Eröffnung ihrer eigenen Kanzlei
- 1936 Vorstandsmitglied der nationalen zionistischen Bewegung
- 1962 Umzug nach Paris
- 1979 Tod
Weiterführende Informationen
- Gilson Miller, Susan: Years of Glory, Nelly Benatar and the Persuit of Justice in Wartime North Africa, California 2021.
Letzte Aktualisierung: J. Niederberger.
Verantwortlich: A. Tschentscher.